#BBA14 Keine Macht Spionen

In der Kategorie "Politik" wurden nominiert:

Wie jedes Jahr haben alle Nominierten die Möglichkeit, sich mit Kommentaren an info@bigbrotherawards.at zu wenden. Wir veröffentlichen dann die Reaktionen unter der jeweiligen Nominierung.

ECall - und die EU Kommission fährt mit

Siim Kallas, Verkehr, Neelie Kroes, Digitale Agenda

  • Europas Straßen leiden unter chronischer Verstopfung und seit langem wird an Konzepten gefeilt dem Verkehrsfluss und die Mobilität der Europäer steuern und kontrollieren zu können. Nun werden die Autobauer gezwungen mit eCall ein nicht zu deaktivierendes behördlich vorgeschriebenes Gerät in jeden Neuwagen einzubauen, das die aktuelle Standortposition per Mobilfunk (GSM) weitergeben kann.
    Bei eCall handelt es sich um ein von der Europäischen Union geplantes automatisches Notrufsystem für Kraftfahrzeuge, das ab Oktober 2015 verpflichtend in alle neuen Modelle von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen eingebaut werden muss.Im Fahrzeug montierte Geräte sollen einen Verkehrsunfall automatisch an die einheitliche europäische Notrufnummer 112 melden.
    Noch bevor das erste Gerät montiert wird entwickeln behördliche Überwacher und die Glücksritter des digitalen Zeitalters mit feuchten Augen Zusatznutzen für diesen ungeahnte Datenquelle digitaler Überwachung. Auch wenn in der Europäischen Menschenrechtskonvention das Recht unbeobachtet zu Reisen festgeschrieben ist, lässt sich die Phantasie gesichtsloser Überwacher nicht reglementieren. Tür und Tor sind für neue Überwachungsprodukte im Straßenverkehr dank EU Kommission geöffnet worden.

  • Quellen:
    • Spiegel Automatisches Notrufsystem: EU-Parlament beschließt eCall-Pflicht Notrufsystem im Auto: Schnelle Hilfe bei einem Unfall
    • Pressemitteilung der EU-Kommission eCall: Automatischer Notruf für Verkehrsunfälle ab 2015 Pflicht in Autos
    • EU-InfothekeCall - Notrufsystem für Verkehrsunfälle
      Kritische Stimmen
      Das von Neelie Kroes so hochgelobte System ruft kritische Stimmen auf den Plan. Einerseits sind es die Bedenken von Datenschützern, andererseits auch die Vorbehalte der Polizei. Während Dr. Hans Zeger von der ARGE Daten den Pflichteinbau vor allem wegen der problematischen Situation der Privatsphäre und Handlungsfreiheit ablehnt, ist die Polizei nicht wirklich von der Sinnhaftigkeit überzeugt. Es sei in ländlichen Gebieten, in denen jetzt nach verunfallten Autos in Schluchten oder ähnlichem gesucht werden muss, zu erwarten, dass überhaupt keine Verbindung zu einer Notrufzentrale zustande käme. In der Stadt brächte es auch nichts, da es so gut wie keine Unfälle ohne Zeugen gäbe.
      Es sieht also wieder einmal so aus, als würden wir von der EU-Kommission mit einem nicht ganz ungefährlichen "Spielzeug" zwangsbeglückt, von dem jetzt noch behauptet wird, es sende ohne Unfall keine Daten. In Zeiten der Elektronik wissen wir aber auch, dass eine kleine Softwareänderung ausreicht, um weitere Funktionen in einem Gerät freizuschalten oder den Funktionsumfang zu erweitern. Dann könnte die Polizei die Geräte gleich mit der Versandstelle für Anzeigen koppeln - Brave New World.

Schon in unserer Kundendatenbank?

Bundesministerin für Inneres Johanna Mikl-Leitner

  • Andere Länder andere Sitten: Wenn in einem Land Fingerabdrücke nicht nur bei der Verhaftung sondern, als Positivabgleich, auch von den Opfern abgenommen und in einer gemeinsamen Datenbank gespeichert werden, dann könnte das bei der Einreise in ein Land, das nur die Fingerabdrücke von Verbrechern speichert, zu einigen Verwirrungen führen.
    Der US-Kongress verabschiedete im Jahre 2007 eine Ausführungsgesetzgebung zum sog. "09/11 Commission Act". Diese sah die Verknüpfung der Teilnahme am "Visa Waiver-Programm" der USA ("visumfreie Einreise") mit zusätzlichen Erfordernissen des Informationsaustausches vor. Zu letzteren zählt der Abschluss eines sog. Prüm-like-Abkommens bzw. einer Vereinbarung über den Austausch von Daten zur Erkennung von Terroristen ("terrorism screening information") gemäß der Homeland Security Presidential Directive 6 (HSPD-6). [Bundeskanzleramt]
    Damit Österreicher weiterhin visumsfrei einreisen dürfen, verlangen die USA auf Basis des PCSC-Abkommen (Agreement on Preventing and Combating Serious Crime) Daten zur Erkennung von Terroristen. Diese Daten stehen ab Ende 2014 einem automatischen Zugriff durch die USA offen. Zentral dafür: der Austausch von personenbezogenen Daten, ähnlich wie er für einige EU-Staaten im sogenannten Prümer Vertrag geregelt ist. So tauschen Deutschland, Luxemburg, Belgien, Spanien und Österreich etwa automatisiert Fingerabdruckdaten aus. [Der Standard]

  • Quellen:
    • Der StandardInnenministerium: Ab Ende 2014 Austausch von Fingerabdrücken mit USA
      Arge Daten: "Art Vorratsdatenspeicherung für Reisebewegung"
      Auch heute zeigt sich Zeger vor allem angesichts der NSA-Affäre kritisch: "Es ergibt sich ein Zusatznutzen, weil die Daten systematisch abgesaugt werden." Das Vorab-Übermitteln von Daten sei problematisch, es handle sich um eine "Art Vorratsdatenspeicherung für Reisebewegungen", sagt Zeger auf Anfrage des WebStandard.
    • BundeskanzleramtStellungnahme des Datenschutzrates

Es kann nicht geben was es nicht geben darf

Bundesminister für Justiz Wolfgang Brandstetter

  • Amerikas oberster Kriegsherr wird nicht müde zu betonen, dass "Our critical infrastructure continues to be at risk from threats in cyberspace, and our economy is harmed by the theft of our intellectual property." (President Obama [White House]), nur in Österreich liegen Ermittlungen auf Eis, weil: Keine NSA-Aktivitäten "im großen Stil" zu erkennen sind. [ Die Presse]
    Seit bald 2 Jahren ist das Interesse an den Erkenntnissen aus den Eduard Snowden Dokumenten ungebrochen und sie dominieren weiterhin die Titelseiten der internationalen Presse. Das Ausmaß der Überwachungsmaßnahmen und die Fülle an gesammelten Daten sprengen jede Vorstellungskraft, denn die Strategie vom NSA Chef Keith Alexander scheint zu sein: "Statt nach einer einzigen Nadel zu suchen, lass uns den ganzen Heuhaufen speichern, sammle alles, kategorisiere es und speichere es .. und was immer sie suchen wollen, können sie dann suchen" ("Rather than look for a single needle in the haystack, his approach was, ‘Let’s collect the whole haystack. Collect it all, tag it, store it. ... And whatever it is you want, you go searching for it." [Washington Post])
    Doch trotz alldieser Nachrichten wird angenommen, dass in >>Österreich: Keine NSA-Aktivitäten "im großen Stil"<< existieren würde. [ Die Presse] Sowohl NR Peter Pilz als auch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hatten im Herbst 2013 aufgrund der Snowden-Enthüllungen Anzeige gegen unbekannt eingereicht. Die Verdachtsmomente lauteten auf "geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs", "militärischer Nachrichtendienst für einen fremden Staat" und "verbotene Unterstützung von Parteien bewaffneter Konflikte". Erst vor kurzem hat die Staatsanwaltschaft einen Vorhabensbericht an das Justizministerium übermittelt hat. (Ein solcher Schritt wird beispielsweise nötig, wenn die Ermittlungen politische Implikationen auslösen könnten.) Warum wird ein Vorhabensbericht erstellt, obwohl die Indizien anscheinend nicht ausreichen, um eine Fortführung des Ermittlungsverfahrens rechtfertigen zu können? Vielleicht erhalten wir aufgrund einer parlamentarische Anfrage an den Justizminister eine Antwort über die Hintergründe für diese Entscheidung in seinem Ressort. Keine Macht den Spionen.

  • Quellen:
    • Der Standard Staatsanwaltschaft bricht Ermittlungen zur NSA-Affäre ab
      Der Schritt kommt durchaus überraschend, hatte die Staatsanwaltschaft doch erst vor kurzem einen Vorhabensbericht an das Justizministerium übermittelt. Ein solcher Schritt wird beispielsweise nötig, wenn die Ermittlungen politische Implikationen auslösen könnten. Im Justizministerium wollte man den Abbruch des Verfahrens nicht kommentieren und verwies auf die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft.
    • Der Standard NSA-Spionage: Ermittlungen liegen auf Eis
      Die Ermittlungen gegen die Spionageaktivitäten des US-Geheimdienstes NSA in Österreich liegen seit Ende Mai auf Eis. Die zuständige Staatsanwaltschaft Wien fand nicht ausreichend Hinweise, um weiter tätig zu werden.
    • Die Presse Österreich: Keine NSA-Aktivitäten „im großen Stil“ Der Staatsschutz fand bei der Prüfung großer österreichischer Netzknoten keine auffälligen Datenabflüsse. Das widerspricht den Darstellungen mehrerer Journalisten.