#BBA22 Gefangen im Panopticon- erst die Masse macht's

In der Kategorie "Behörden und Verwaltung" wurden nominiert:

Wie jedes Jahr haben alle Nominierten die Möglichkeit, sich mit Kommentaren an info@bigbrotherawards.at zu wenden. Wir veröffentlichen dann die Reaktionen unter der jeweiligen Nominierung.

ID Austria Weg zum gläsernen Bürger

Es war mal die Bürgerkarte, die war sicher. Man hatte ein eigenes Lesegerät, um sicherzustellen, dass wirklich nur die Person, die vor dem Gerät sitzt, ein Dokument signiert.

Aber die Bürgerkarte fand zu wenig Freunde. Dann kam die Handysignatur, in etwa die kleine Schwester der jetzt groß angekündigten ID Austria.

Der private Schlüssel wurde auf einem Server gespeichert, und der User musste sich nur noch ein Passwort merken. In Verbindung mit einer SMS war das eine perfekte 2 Faktor Authentifizierung. Die Nutzung mit FinanzOnline und der ELGA des Gesundheitssystems sollten die Menschen ausreichend motivieren, sich mit einer Handysignatur zu identifizieren.

So kam man im Innenministerium schon unter Johanna Mikl-Leitner und später unter Wolfgang Sobotka auf die Idee, ein Produkt gemeinsam mit der Staatsdruckerei zu entwickeln, das mittels Smartphone App als digitaler Ausweisersatz dienen sollte. Mittels Smartphone könnten sich alle jederzeit und vielerorts bei Behörden und auch in der Folge auch bei privaten Diensten gesichert identifizieren.

Was einfach kling, kann in der Ausführung aber kompliziert werden, wenn die Handysignatur durch die ID Austria ersetzt werden soll[1]. Nicht klar ist, für die, die migrieren wollen, ob ein einfacher Wechsel möglich ist, oder man sich noch einmal am Amt aktivieren muss. Bisher reichte ein Handy um die SMS zu empfangen, doch bevor man migrieren kann, muss erst ein Smartphone angeschafft werden, denn die ID Austria kann nur von Menschen genutzt werden, die ein Smartphone besitzen. [2]

Während man bei der Handysignatur sich noch bei den verschiedenen Diensten anmelden konnte, so scheint mit der Einführung der ID Austria im Wahrheit im Hintergrund aufgeräumt zu werden, und die unzähligen Register - die verpflichtenden Datenbanken der Verwaltung - verknüpft werden [3].

Damit ist die ID Austria nicht eine moderne Variante der Handysignatur, sondern ein Mamut-Schritt Richtung gläsernem Bürger


Auszug aus einer Parlamentarischen Anfrage:
Welche (personenbezogenen) Daten von Nutzer*innen wird ID Austria konkret
a) speichern, b) verwenden und/oder c) an Dritte weitergeben? Bitte um detaillierte Auflistung. Und auf welcher gesetzlichen Grundlage basiert all dies?
Für die Verwaltung und Registrierung der ID Austria sind die Registrierungsbehörden gemäß § 4b Abs. 1 E-Government-Gesetz (E-GovG) ermächtigt, folgende Daten zu verarbeiten:

  1. die Namen,
  2. das Geburtsdatum,
  3. den Geburtsort,
  4. das Geschlecht,
  5. die Staatsangehörigkeit,
  6. das bPK,
  7. die bekanntgegebene Zustelladresse,
  8. das aktuelle Lichtbild, ausgenommen das Lichtbild eines Reisepasses gemäß § 4a des Passgesetzes 1992
  9. das Registrierungsdatum,
  10. soweit verfügbar die bekanntgegebene Telefonnummer eines Mobiltelefons,
  11. soweit verfügbar die bekanntgegebene E-Mail-Adresse,
  12. die Registrierungsbehörde und
  13. den Identitätscode der ausgestellten Zertifikate gemäß § 4 Abs. 4 E-GovG


  1. Neuer Digitaler Ausweis: Viel zu kompliziert
    Denn die ID Austria kann nur von Menschen genutzt werden, die ein Smartphone besitzen. Ein weiterer Streitpunkt ist, welche Unternehmen die ID Austria nutzen dürfen, in der diverse Daten zur Person gespeichert sind. ↩︎

  2. Fehlender Datenschutz und Altersdiskriminierung: Das steckt hinter der neuen “ID Austria”
    Den Unmut älterer Generationen und all jenen, die sich kein Smartphone leisten können oder wollen, könnte auch die neue “ID Austria” mit sich bringen. Damit sollen Menschen sich digital gegenüber Behörden, aber auch bei privaten Anbietern auszuweisen. In Zukunft soll man damit am Smartphone auch den Ausweis oder Führerschein haben und sich damit auch im EU-Ausland ausweisen können. Im Sommer wird sie die bisherige Handysignatur ablösen. Dafür brauchte man kein Smartphone - ein Handy mit SMS-Empfang genügte. ↩︎

  3. Digitaler Führerschein wird erster Inhalt der digitalen Brieftasche
    Florian Tursky identifiziert aber auch ein ganz praktisches Problem in Österreich: die Register. Es gibt davon mehr als hundert. Gemeint sind damit die verschiedenen Datensätze, die etwa im Melderegister, im Vereinsregister, im Personenregister, im Grundbuch oder Firmenbuch gespeichert sind. "Wir sind gerade dabei, diese Register zu verknüpfen", sagt Tursky. Denn bisher wurden sie isoliert verwaltet und befüllt.
    .
    Die Verknüpfung der Daten sei die Basis dafür, dass digitale Verwaltung funktioniert, ist Tursky überzeugt.
    ↩︎