Wie jedes Jahr haben alle Nominierten die Möglichkeit, sich mit Kommentaren an info@bigbrotherawards.at zu wenden. Wir veröffentlichen dann die Reaktionen unter der jeweiligen Nominierung.
Gaia-X - Ordnung aus dem Chaos?
Die Entstehung von Ordnung aus dem Chaos hat schon vor mehr als 2600 Jahren ein Mann namens Hesiod beschrieben, den man auch gerne als den ersten griechischen Philosophen bezeichnet. Eine aus diesem Chaos hervorgegangene Gottheit war Gaia - die Personifizierung der Erde.
Ob die Bezeichnung Gaia-X für das Projekt der EUro-Cloud gewählt wurde, um der Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass mit diesem Projekt etwas Ordnung in die chaotische Landschaft europäischer Digitalisierungsbestrebungen zu bringen ist?
Die digitale Souveränität Europas wird mit Hilfe dieses Projekts angestrebt und mit Steuergeld gefördert. [1] Namhafte europäische Firmen finden zusammen, wie der französische IT-Dienstleister Atos, der deutsche Automobilhersteller BMW, die deutsche Bosch, der deutsche Internet Exchange DE-CIX, die Deutsche Telekom, die deutsche Frauenhofer-Gesellschaft, das französische Telekommunikationsunternehmen Orange, der französische Telekomanbieter OVH, das deutsche Softwareunternehmen SAP, die deutsche Siemens.
Allerdings scheint bei diesen Zielen kaum argumentierbar zu sein, dass neben den Gründungsmitgliedern europäischer Herkunft auch Google, Microsoft und Amazon AWS zu finden sind.
Besonders bemerkenswert erscheint dabei, dass bei einer Gaia-X Konferenz im November 2020 diesen US-Unternehmen mehr Aufmerksamkeit und Redezeit eingeräumt wurde, als Vertretern europäischer Anbieter. Die US-amerikanischen Cloud-Anbieter ließen es sich auch nicht nehmen, bei dieser Gelegenheit besonders auf die Vorteile und die Überlegenheit ihrer Lösungen zu verweisen. [2]
Im Informationszeitalter geht es um die Macht über Daten, und daher ist es legitim die Frage zu stellen, ob die Idee einer EUro-Cloud nicht ad absurdum geführt wird, hatte doch die deutsche Forschungsministerin Anja Karliczek bei der Vorstellung des Projekts im Jahr 2019 betont: „Die Macht über Daten sollte nicht mehr in den Händen weniger internationaler Konzerne liegen“ [3]
Diese Widersprüche wurden selbstverständlich angesprochen. Allerdings die Angst, ohne Technik und Know How der US-Anbieter ins Hintertreffen geraten zu können (oder von Aufträgen abgeschnitten zu werden) [4], scheint allerdings bei den Organisatoren von Gaia-X vorzuherrschen. Da ist es auch kein Trost, das laut Organisation nur Mitglieder mit Hauptsitz in Europa Kandidaten in den Vorstand des Gaia-x Konsortiums entsenden dürfen. [5]
Auf der Projekt-Seite findet man den Hinweis, dass “die Gaia-X European Association for Data and Cloud AISBL, die Big Data Value Association (BDVA), die FIWARE Foundation und die International Data Spaces Association (IDSA) sich zusammenschließen, um die Einführung von Datenräumen in Europa und darüber hinaus voranzutreiben.” [6]
Der ursprüngliche Bezug des Projekts auf Europa wird also auf weitere Gebiete ausgedehnt. Die Ankündigung der Politik, eine europäische Lösung für europäische Daten nach europäischen Werten und Gesetzen entwickeln zu wollen, zerfällt damit zu einem Lippenbekenntnis.
Geschäftsmodell: Big Data für Big Brother
Befremdlich erscheint auch, dass die, auf die Analyse großer Datenmengen (Big Data) spezialisierte Firma Palantir, obwohl kein offizielles Gründungsmitglied, von Beginn an bei der EUro-Cloud dabei ist.
Palantir ist ein Unternehmen, dem nachgesagt wird enge Kooperationen mit den Geheimdiensten CIA und NSA und dem US-Militär zu pflegen. [7] Palantir wird von der US-Bürgerrechtsorganisation ACLU als “Schlüsselfirma der Überwachungsindustrie” bezeichnet. [8]
Vertreter von Palantir versichern, dass auch von ihrem Unternehmen europäische Werte berücksichtigt und Datenschutzbestimmungen eingehalten würden. So manche Beobachter bezweifeln diese Aussagen allerdings vehement. Beispielhaft dafür eine Nachricht auf Twitter von Benoît De Nayer, dem CEO einer belgischen Online-Werbefirma: „WTF? Palantir is at the complete opposite of Europe’s interest. It is one of the most despicable companies on earth helping authoritarian governments achieve their goal of total control.“ [9]
Dieser Warnung ist nichts hinzuzufügen: "Es bestehe die Gefahr, dass sich Gaia-X in ein “trojanisches Pferd” für die Hyperscaler [10] verwandele, schreiben sie. Zu befürchten sei, dass EU-Fördergeld am Ende in amerikanische und asiatische Technik fließt statt in europäische. Es ist also noch nicht absehbar, ob Gaia-X wirklich zum Wettbewerbsvorteil für europäische Provider wird – oder eher zum Datenschutz-Feigenblatt für die US-Player. " [11]
FAZ
Europäisches Cloud-Projekt : Wie Gaia-X dafür sorgt, dass man trockenen Fußes zur Arbeit kommt Ziemlich genau zwei Jahre ist es her, da startete in Dortmund das nächste große Ding. Zumindest aus der Sicht von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Auf dem Digitalgipfel der Bundesregierung fiel damals der Startschuss für die europäische Datencloud Gaia-X.
Schon länger hatte sich Altmaier daran gestört, dass viele deutsche Unternehmen und auch Behörden ihre Daten auf Servern von Amazon, Microsoft oder Google in den Vereinigten Staaten speichern und verarbeiten. Weil dem Minister klar war, dass Europa nicht mal eben einen solchen Digitalkonzern aus dem Boden stampfen kann, entstand die Idee, dass viele europäische Unternehmen gemeinsam je nach Bedarf Rechenkapazitäten bereitstellen könnten. Eine gestückelte Cloud sozusagen. […]
175 Millionen Euro hat das Wirtschaftsministerium an Fördermitteln für die 16 Projekte bereitgestellt, die bis Ende 2024 fließen sollen. Ob und wann sie sich auszahlen, bleibt abzuwarten. ↩︎
Heise
Amerikanische Anbieter dürfen bei EU-Cloud Gaia-X mitmachen
Gaia-X soll die digitale Souveränität Europas stärken. Open-Source-Aktivisten sehen dennoch durch US-Kooperationen das ursprüngliche Ziel in Gefahr.
Gaia-X ist ein Produkt europäischer Bemühungen, souveräner und unabhängiger von US-Technologiekonzernen zu werden. Die Bundesregierung hatte Gaia-X stets als Antwort auf die Übermacht der amerikanischen Cloud-Anbieter Amazon, Microsoft und Google angepriesen. Die Macht über Daten in Europa solle “nicht mehr in den Händen einiger weniger internationaler Konzerne liegen”, sagte Forschungsministerin Anja Karliczek vor einem Jahr bei der Vorstellung der Initiative. ↩︎
DerStandard
Gaia-X: Amazon, Microsoft und Google jetzt doch an Bord bei Europa-Cloud"Mit Gaia-X entwickeln Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft aus Frankreich und Deutschland gemeinsam mit weiteren europäischen Partnern einen Vorschlag zur Gestaltung der nächsten Generation einer Dateninfrastruktur für Europa", hat es bei der Vorstellung des Projekts im November 2019 geheißen. Doch plötzlich sind die US-Technologiekonzerne ebenfalls mit an Bord, denen eigentlich die Macht entzogen werden soll. ↩︎
Heise
Amerikanische Anbieter dürfen bei EU-Cloud Gaia-X mitmachenOhne Zugriff auf die fortschrittlichste Technik, globale Märkte und den “Datenreichtum der Welt”, werde die europäische Wirtschaft stagnieren, warnte Microsoft-Manager Casper Klynge. Die kaum verhohlene Botschaft: Lässt Europa die US-Clouds links liegen, wird es wirtschaftlich abgehängt. ↩︎
GAIA-X: Driver of digital innovation in Europe
Open for further participation
Gaia-X is defined by openness and transparency. The openness to national and European initiatives with similar objectives as Gaia-X gives the project a strong momentum for joint European cooperation. Building upon existing solutions and their further development, we want to launch competitive offers from Europe out onto the world market.
A significant number of organisations from various countries are already involved. Gaia-X is open to new European interested parties to join us in its development. Participation in Gaia-X is also possible for market participants outside Europe who share our goals of data sovereignty and data availability. In total, there are three ways to participate: ↩︎
gaia-x
What is Gaia-X?
Gaia-X represents the next generation of data infrastructure: an open, transparent and secure digital ecosystem, where data and services can be made available, collated and shared in an environment of trust.
Who is behind Gaia-X?
Representatives from business, politics, and science from Europe and around the globe are working together, hand in hand, to create a federated and secure data infrastructure. Companies and citizens will collate and share data – in such a way that they keep control over them. They should decide what happens to their data, where it is stored, and always retain data sovereignty. ↩︎
BigBrotherAwards.de
Er erhält den Negativpreis für die bundesweit erstmalige Anschaffung einer Analysesoftware der CIA-nahen Firma Palantir„Palantir“, benannt nach den „sehenden Steinen“ aus „Herr der Ringe“, ist „eine der umstrittensten Firmen des Silicon Valley“, so die „Süddeutsche Zeitung“. Sie gilt nach Einschätzung der US-Bürgerrechtsvereinigung ACLU als „Schlüsselfirma in der Überwachungsindustrie“. 3 Der US-„Star-Investor“ und Milliardär Peter Thiel, der bereits den Online-Bezahldienst Paypal mitgegründet hatte, gründete die Firma im Jahr 2004 mit finanzieller Unterstützung des US-Geheimdienstes CIA. Die Kundenliste der Firma liest sich wie das Who-is-who der US-Militär- und Sicherheitsbürokratie: CIA, FBI, NSA, Pentagon, Marines und Airforce.4 Oder anders ausgedrückt: Als Hauslieferant dieser Behörden ist die Firma tief in den militärisch-digitalen Komplex der USA verstrickt und ihr Geschäftsmodell heißt: BigData for BigBrother. 5 Peter Thiel sitzt zudem im Aufsichtsrat von Facebook und hat Donald Trumps Wahlkampf mit über einer Million US-Dollar unterstützt.6 ↩︎
Heise
Gaia-X: Big-Data-Firma Palantir aus den USA ist bei EU-Cloud vorn mit dabei Das vom Trump-Unterstützer Peter Thiel mitgegründete Unternehmen Palantir ist nach den sehenden Steinen aus dem “Herr der Ringe” benannt. Es zählt zu den umstrittensten Konzernen im Silicon Valley und hat seinen Hauptsitz inzwischen nach Denver verlegt. Der US-Bürgerrechtsorganisation ACLU gilt Palantir, das vor rund 17 Jahren unter anderem mit Geld des CIA-Wagniskapitalarm In-Q-Tel loslegte, als “Schlüsselfirma in der Überwachungsindustrie”. Sie ist Kritikern zufolge tief in den militärisch-digitalindustriellen Komplex der USA verstrickt. Ihr Geschäftsmodell heiße: Big Data für Big Brother. ↩︎
Twitter
Benoît De Nayer
“WTF? Palantir ist das genaue Gegenteil von Europas Interessen. Es ist eines der
verachtenswertesten Unternehmen der Welt, das autoritären Regierungen hilft, ihr Ziel der totalen Kontrolle zu erreichen.” ↩︎
IT Business
Definition: Was sind Hyperscaler?
Unter Hyperscalern versteht man im Allgemeinen die drei großen Cloud-Anbieter Amazon, Microsoft und Google. Die Amazon Web Services (AWS), Microsoft Azure und die Google Cloud Platform decken zusammen etwa 75 Prozent des Gesamtmarktes bei Public-Cloud-Angeboten ab. ↩︎
Heise
Amerikanische Anbieter dürfen bei EU-Cloud Gaia-X mitmachen
Eine noch deutlich schärfere Warnung veröffentlichten die beiden französischen Open-Source-Unternehmer Stefane Fermigier und Sven Franck im Politikportal Euractiv. Es bestehe die Gefahr, dass sich Gaia-X in ein “trojanisches Pferd” für die Hyperscaler verwandele, schreiben sie. Zu befürchten sei, dass EU-Fördergeld am Ende in amerikanische und asiatische Technik fließt statt in europäische. Es ist also noch nicht absehbar, ob Gaia-X wirklich zum Wettbewerbsvorteil für europäische Provider wird – oder eher zum Datenschutz-Feigenblatt für die US-Player. ↩︎