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Registerforschung auch mit Gesundheitsdaten
Forschung vor dem Individuum
- An immer mehr Stellen werden heute Daten gesammelt, und da Speicher heute nichts mehr kostet, kann der Mensch seiner Bestimmung als Sammler und Jäger nachkommen, und immer mehr Daten sammeln. Im Öffentlichen Umfeld wird hier von Registern gesprochen, deren Datenbasis zumeist nicht freiwillig entstanden ist. Aus heutiger Sicht ist noch lange nicht absehbar was für Informationen in diesen riesigen Datenbanken schlummern und wozu diese einmal genutzt werden können.
Lange wurde von Data-Mining gesprochen, und dabei ignoriert was Firmen wie Amazon, Facebook und Google mit diesen vergrabenen Schätzen an Gewinnen erzielen. Auch wenn viele Unternehmen noch nicht wissen, wie "with big data comes big business" in ihrem Unternehmen zu mehr Gewinn führen kann werden Daten erst einmal vorsorglich gehortet. Da will die Wissenschaft natürlich nicht hinten an stehen.
„Die Wissenschaft - von den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften bis hin zur Medizin - verfügt heute über derart ausgefeilte statistische Methoden, dass es Verschwendung ist, die Daten nicht nutzen zu können.“
Nach massivem Lobbying kam dann das Bekenntnis:
„Die Politik müsse für Rechtssicherheit und klare Rahmenbedingungen sorgen, damit die WissenschaftlerInnen frei und ohne bürokratische Hürden forschen können.“
Man habe auch die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, den ungeheuren Wissensschatz, der in den verschiedenen Registern, Daten-und Probensammlungen gelagert ist, im Interesse der PatientInnen zu nutzen. Damit werde der Weg frei gemacht für eine personalisierte und maßgeschneiderte Medizin, die nicht nur effizienter ist, sondern auch weniger Nebenwirkungen hat.
Gerade beim Umgang mit diesen Daten ein Höchstmaß an Sensibilität und Vorsicht geboten ist. Beim nun so heftig diskutierten Thema ELGA müsse man sich zunächst vor Augen halten, dass dieses große Digitalisierungsprojekt der Sozialversicherungen nicht in erster Linie für die Forschung entwickelt wurde.
Durch die Freigabe der ELGA-Daten im Rahmen des Forschungsorganisationsgesetzes wird damit das Grundprinzip der parlamentarischen Kontrolle aufgegeben. Der Ministervorbehalt bedeutet, das ohne das es in der Öffentlichkeit bekannt wird, jederzeit die Herausgabe von Daten zu Forschungszwecken möglich ist, solange der Minister von der Notwendigkeit überzeugt werden konnte. Die Einwilligung der Datenschutzbehörde soll künftig nicht mehr nötig sei, wodurch eine wichtige Kontrolle wegfällt, denn den Name durch ein Personenkennzeichen zu ersetzen, reicht in Zeitalter von Big Daten schon lange nicht mehr zur Anonymisierung.
Mit dem Durchwinken der Regelung durch den Ausschuss nicht einverstanden ist der Datenschutzrat im Justizministerium, dem wir uns nur anschließen können. Er plädiert für eine "Nachdenkpause in der Regierung und im Parlament". So gehe es bei Forschungsprojekten um eine fehlende Interessenabwägung, Einschränkungen des Auskunfts-, Löschungs- und Berichtigungsrechts, die Dauer der Speicherfrist, Straffreiheit bei Datenschutzverstößen sowie ein fehlendes Opt-out-Recht.
- Quellen:
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[Kleine Zeitung]: Welche Informationen in "Registern" gespeichert sind
Mit dem neuen "Forschungsorganisationsgesetz" will die Regierung Forschern den Zugriff auf die in öffentlichen Datenbanken ("Registern") gespeicherten Informationen erlauben. Die Namen der betroffenen Bürger würden für diese "Registerforschung" durch eine Kennzahl ersetzt. Datenschützer befürchten aber, dass eine Re-Identifizierung in manchen Fällen möglich wäre.
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[ORF]:
Wie man mit Registerdaten forscht
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[Parlamentskorrespondenz]: Nationalrat: Umfassende Datenschutzanpassungen samt ELGA-Datenschutz- Entschließung für Registerforschung
Sammelnovelle mit Registerforschung: ÖVP-FPÖ-Entschließungsantrag zum besseren Schutz der ELGA-Daten
Mit der heute von ÖVP und FPÖ beschlossenen Sammelnovelle für 17 Wissenschafts- und Forschungsgesetze wurde zur vieldiskutierten Registerforschung mehrheitlich ein Entschließungsantrag mit der Forderung beschlossen, für ELGA-Daten den Datenschutz optimal zu gewährleisten. Mit dem im Paket enthaltenen Forschungsorganisationsgesetz wird ein Rechtsrahmen für die Registerforschung und die Verwendung von "Big Data" in der Forschung geschaffen. Ab 2019 wird damit Forschungseinrichtungen, aber auch Einzelpersonen unter speziellen Auflagen der Zugriff auf öffentliche Datenbanken ermöglicht.
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[derStandard]: Gelockerte Regeln für Elga- und Registerdaten passierten Ausschuss
Künftig soll – nicht zuletzt auf Wunsch von Universitäten, Forschungseinrichtungen und Wirtschaftszweigen wie der Pharmaindustrie – der Zugang erleichtert werden: Laut Forschungsorganisationsgesetz, das neben zahlreichen weiteren Regelungen mit dem nun im Ausschuss beschlossenen Datenschutz-Anpassungsgesetz geändert wird, sollen wissenschaftliche Einrichtungen Registerdaten beantragen können, wenn der Name durch ein Personenkennzeichen ersetzt wird. Andere identifizierende Informationen (Geburtsdatum, Adresse) dürfen dagegen im Datensatz bleiben. Voraussetzung ist aber, dass das jeweilige Register durch eine Verordnung freigegeben wird, der auch der zuständige Minister zustimmen muss – Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) könnte also etwa Elga "sperren".
Die Einwilligung der Datenschutzbehörde soll künftig nicht mehr nötig sein
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[DerStandard]: 5.000 ELGA-Abmeldungen wegen Forschungsdaten-Debatte
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[Wikipedia]: Anonymisierung und Pseudonymisierung
Bei der Pseudonymisierung wird der Name oder ein anderes Identifikationsmerkmal durch ein Pseudonym (zumeist eine mehrstellige Buchstaben- oder Zahlenkombination, auch Code genannt) ersetzt, um die Feststellung der Identität des Betroffenen auszuschließen oder wesentlich zu erschweren.
Entscheidend ist also, dass eine Zusammenführung von Person und Daten noch möglich ist.