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ECall - und die EU Kommission fährt mit
Siim Kallas, Verkehr, Neelie Kroes, Digitale Agenda
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Europas Straßen leiden unter chronischer Verstopfung und seit langem wird an Konzepten gefeilt dem Verkehrsfluss und die Mobilität der Europäer steuern und kontrollieren zu können. Nun werden die Autobauer gezwungen mit eCall ein nicht zu deaktivierendes behördlich vorgeschriebenes Gerät in jeden Neuwagen einzubauen, das die aktuelle Standortposition per Mobilfunk (GSM) weitergeben kann.
Bei eCall handelt es sich um ein von der Europäischen Union geplantes automatisches Notrufsystem für Kraftfahrzeuge, das ab Oktober 2015 verpflichtend in alle neuen Modelle von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen eingebaut werden muss.Im Fahrzeug montierte Geräte sollen einen Verkehrsunfall automatisch an die einheitliche europäische Notrufnummer 112 melden.
Noch bevor das erste Gerät montiert wird entwickeln behördliche Überwacher und die Glücksritter des digitalen Zeitalters mit feuchten Augen Zusatznutzen für diesen ungeahnte Datenquelle digitaler Überwachung. Auch wenn in der Europäischen Menschenrechtskonvention das Recht unbeobachtet zu Reisen festgeschrieben ist, lässt sich die Phantasie gesichtsloser Überwacher nicht reglementieren. Tür und Tor sind für neue Überwachungsprodukte im Straßenverkehr dank EU Kommission geöffnet worden.
- Quellen:
- Spiegel Automatisches Notrufsystem: EU-Parlament beschließt eCall-Pflicht Notrufsystem im Auto: Schnelle Hilfe bei einem Unfall
- Pressemitteilung der EU-Kommission
eCall: Automatischer Notruf für Verkehrsunfälle ab 2015 Pflicht in Autos
- EU-InfothekeCall - Notrufsystem für Verkehrsunfälle
Kritische Stimmen
Das von Neelie Kroes so hochgelobte System ruft kritische Stimmen auf den Plan. Einerseits sind es die Bedenken von Datenschützern, andererseits auch die Vorbehalte der Polizei. Während Dr. Hans Zeger von der ARGE Daten den Pflichteinbau vor allem wegen der problematischen Situation der Privatsphäre und Handlungsfreiheit ablehnt, ist die Polizei nicht wirklich von der Sinnhaftigkeit überzeugt. Es sei in ländlichen Gebieten, in denen jetzt nach verunfallten Autos in Schluchten oder ähnlichem gesucht werden muss, zu erwarten, dass überhaupt keine Verbindung zu einer Notrufzentrale zustande käme. In der Stadt brächte es auch nichts, da es so gut wie keine Unfälle ohne Zeugen gäbe.
Es sieht also wieder einmal so aus, als würden wir von der EU-Kommission mit einem nicht ganz ungefährlichen "Spielzeug" zwangsbeglückt, von dem jetzt noch behauptet wird, es sende ohne Unfall keine Daten. In Zeiten der Elektronik wissen wir aber auch, dass eine kleine Softwareänderung ausreicht, um weitere Funktionen in einem Gerät freizuschalten oder den Funktionsumfang zu erweitern. Dann könnte die Polizei die Geräte gleich mit der Versandstelle für Anzeigen koppeln - Brave New World.