NR Albert Steinhauser und Georg Markus Kainz erlauben sich aus Anlass der disjährigen Big Brother Awards zur Wien Premiere des Films Article 12 ins Top Kino einzuladen.
Einleitende Worte durch den
Regisseur Juan Manuel Biain
Ort: | TOP Kino |
Datum: | 26. Oktober 2011 |
Zeit: | 20.00 (Einlass 19.00) |
Eintritt frei |
Waking up in a surveillance society
Article 12 (UK/2011)
Article 12 thematisiert die zunehmende Unterminierung des Menschenrechtes auf Privatsphäre zum angeblichen Schutz der Bürger vor Terrorismus und anderen Gefahren. Gestützt auf den 12. Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ("Niemand darf willkürlich Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden") geht der aus Argentinien stammende Regisseur Juan Manuel Biaiñ der Frage nach, ob es möglich ist, eine sichere Gesellschaft aufzubauen, ohne die Freiheiten der Menschen einzuschränken. Und was bedeutet überhaupt Sicherheit?
In drei Jahre langer Arbeit führte der Regisseur mehr als 40 Interviews: mit dem Sprachwissenschaftler und Politikaktivisten Noam Chomsky, dem Musiker und Aktivisten Brian Eno, der Journalistin Amy Goodman sowie mit vielen anderen Philosophen, Hackern und Wissenschaftlern. Daraus entstand ein audiovisuell aufrüttelndes und spannendes Exposé zur menschlichen Obsession mit Voyeurismus, Überwachungstechnologien, Macht und Kontrolle.
Regie: Juan Manuel Biain (Junco Films / ar)
- Website zum Film: Article 12
- Albert Steinhauser
- quintessenz
- Top Kino Rahlgasse 1 (Ecke Theobaldgasse)
1060 Wien
T 01/ 208 3000 - 0
Es gilt die unSchuldvermutung
Big Brother Awards 2011
"Doch", sagte K., "glauben Sie denn daß ich schuldlos bin?" "Nun, schuldlos..." sagte das Fräulein, "ich will nicht gleich ein vielleicht folgenschweres Urteil aussprechen, auch kenne ich Sie doch nicht, es muß doch schon ein schwerer Verbrecher sein, dem man gleich eine Untersuchungskommission auf den Leib schickt."[Franz Kafka: Der Prozess, 1. Kapitel]
Während in Norwegen die letzten Opfer des Amokläufers noch nicht identifiziert waren, da meldeten sich im fernen Österreich bereits die ersten Leichenfledderer zu Wort.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizministerin Beatrix Karl verkündeten unisono, nun sei eine erneuete Verschärfung der Antiterrorgesetze angesagt. Peter Gridling, Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung sekundierte bei diesem Medien-Konjunkturritt über einen Leichenberg.
Österreichs Polizei sollte auch [unbelegte] Informationen von Geheimdiensten verarbeiten können, forderte Gridling. Neben extremistischen Gruppen sollten auch - ohne irgendeine Straftat - Einzelpersonen nach Gutdünken observiert werden können. Die Indizien für eine mögliche, zukünftige Straftat aber holt man sich durch "erweiterte Gefahrenerforschung" aus dem Internet.
Kriterien für die Einträge in diese kafkaeske Datenbank wurden nicht erwähnt. Bei abweichendem oder auffälligem Verhalten gilt halt die Schuldvermutung, denn die vermutete Unschuld ist bekanntlich für ins Kriminal geratene Politiker reserviert.
Die blamablen Resultate der erst jüngst erweiterten Befugnisse zur Terrorismusbekämpfung wurden ebenfalls nicht erwähnt. Mangels echter Terroristen wurden die neuen Antiterrorparagraphen halt gegen Tierschützer aufgefahren, zwei brennende Mistkübel riefen gleichfalls die Terrorfahnder auf den Plan. In beiden Fällen: monatelange Untersuchungshaft, serienweise Freisprüche danach.
Im von den Anschlägen eines irren Rassisten schwer getroffenen Norwegen hat man völlig anders als in Österreich reagiert. Man werde sich die freie und offene Gesellschaft Norwegens von niemandem zerstören lassen, war der Tenor aller führenden Politiker Norwegens. Das gelte nach den Anschlägen erst recht.
Und auch wir werden uns diese erste [halbwegs] offene und freie Gesellschaft auf österreichischem Boden nicht von den Mikls, Karls und Gridlings in einen postdemokratischen Präventivstaat umdrehen lassen, in dem die Schuldvermutung gilt!