Behörden und Verwaltung
From Big Brother Awards 2010
Christian Kollmitzer [FH Technikum Wien]: Ethisch korrekte Forschung für den Polizeistaat der Zukunft
Selbstverständlich halte man sich beim "INDECT"-Projekt an die Vorgaben der europäischen Datenschutzgesetze", so Christian Kollmitzer, Professor an der FH-Technikum Wien. Der Studiengang "Industrielle Elektronik" des Technikum trägt Algorithmen und Knowhow in Stereofotografie zu einem der umstrittensten, von der EU geförderten Projekte bei. Im Rahmen von INDECT wird ein Verbundsystem aus Videokameras, Datenbanken, spezialisierten Internet-Suchmaschinen, biometrischer Gesichtserkennung, Drohnen und Sensorsystemen für Europas Polizeikräfte entwickelt. De facto ist man dabei, ein militärisches C4-System - eine vernetzte Gefechtsfeldzentrale - für den Einsatz gegen Zivilisten im urbanen Raum zu "erforschen". Es sei ja nur ein Forschungsprojekt wird von den Verantwortlichen dabei stereotyp erklärt und überdies verfüge INDECT ja über einen "Ethikrat", der den Beteiligten am Projekt genau auf die Finger schaue und laufend überprüfe, ob Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte auch eingehalten würden. Vorsitzender dieses Ethikrats ist ein Offizier der Polizei Nordirlands, die auch zwei weitere Mitglieder des Ethikrats stellt, dazu kommen der ehemalige Vizepolizeichef Polens und vier Zivilisten, darunter ist auch ein "Ethiker" aus dem Burgenland. Andreas Pongratz ist Geschäftsführer der Pinkafelder Multimediafirma X-Art-Pro, die offenbar drauf und dran ist, ins Geschäft mit der urbanen Rundumüberwachung einzusteigen.
- http://www.technikum-wien.at/studium/master/industrielle_elektronik/team/
- http://www.futurezone.at/stories/1660457/
- http://www.gulli.com/news/projekt-indect-sicherheit-oder-polizeistaat-2009-11-03
- http://www.indect-project.eu/public-deliverables
- http://www.indect-project.eu/ethics-board-members
Seine Exzellenz William C. Eacho, Botschafter der USA in Wien: Wertlose Visa
In Absenz der eigentlich Verantwortlichen, Secretary of the Department of Homeland Security, Janet Napolitano wenden wir uns an den ranghöchsten Vertreter der Vereinigten Staaten in Österreich. Stellvertretend für mehrere andere soll nur dieser Fall herausgegriffen werden. Beim Versuch, am 11. Jänner 2010 mit einem gültigen Arbeitsvisum einzureisen, wurde einem österreichischen Staatsbürger demonstriert, was es bedeutet, auf eine der schwarzen Listen Ihrer Heimatschutzbehörde zu geraten. Thomas Z. wurde erst stundenlang in einem finsteren Raum verhört, alle persönlichen Sachen wurden ihm abgenommen, sein Körper wurde bis in die Öffnungen penibel inspiziert. In Ketten und mit Handschellen gefesselt verbrachte er die Nacht, verschärft durch Nahrungs- und Flüssigkeits- und Schlafentzug. Auch der Kontakt zur Vertretung seines Landes wurde ihm verweigert und nach zwei Tagen wurde er ohne eine Erklärung wieder zurückgeschickt. Das alles widerfuhr dem Mann, während er mit einem gültigen Arbeitsvisum reiste, ausgestellt von Ihrer Botschaft, die vor einem neuerlichen Einreiseversuch nicht einmal garantieren konnte, dass sich dasselbe nicht wiederholt. Aus diesem Anlass stellt sich die Frage: Was, Ihre Exzellenz, Herr Botschafter William C. Eacho, ist ein von der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika zu Wien ausgestelltes Visum dann eigentlich wert?
- http://www.dhs.gov/xabout/structure/gc_1232568253959.shtm
- http://www.youtube.com/watch?v=BQzjFmPtZdk
- http://programm.orf.at/?story=7241
- http://www.kleinezeitung.at/steiermark/graz/graz/2273179/us-botschaft-entschuldigte-sich.story
Cecilia Malmström, EU-Kommissarin [Inneres] für die Tragikomödie "Zensilia hinter den Stopptaferln"
Zensilia, Zensursulas jüngere Schwester im Geiste, setzt sich vehement für den Schutz missbrauchter Kinder ein. Händeringend wird da beklagt, dass allen Anstrengungen zum Trotz diese gräßlichen Missbrauchsbilder noch immer nicht aus dem WWW verschwunden sind. Dadurch würden die Opfer noch einmal missbraucht, nun müssten Sperren her, auf dass der Spuk ein Ende habe. Und wie Zensursula setzt Zenѕilia alles daran, einem der dumpfesten Rollenklischees zu entsprechen: Dass nämlich Frauen von Technik nichts verstünden. Als Kommissarin für Inneres müsste Frau Malmström eigentlich wissen, dass ein großer Teil der entdeckten Darstellungen von Kindesmissbrauch nur deshalb nicht sofort verschwindet, weil die ermittelnden Beamten beschlossen haben, diese Bilder eben nicht sofort vom Netz zu nehmen. Man will Interessierte abfischen und informiert ausländische Polizeibehörden deshalb in der Regel mit entsprechender Verspätung. Ebenso könnte die Kommissarin für Inneres zum Beispiel ihre Kollegin Maria Fekter fragen, die weiß nämlich, dass im Jahr insgesamt 1000 Pages netzweit identifiziert werden. Die Sperrbefürworter der britischen Internet Watch Foundation wiederum wissen, dass die Mehrzahl dieser Inhalte Domains wie IP-Adressen binnen Stunden schnell und automatisiert wechselt, weshalb Sperren sinnlos sind. Und was das "Technische" angeht, Expertenwissen bedarf es nicht, um die Stopptaferln zu umgehen. Es langt, die Maus auf den Menüpunkt "Netzwerkeinstellungen" zu schubsen und dort zwei Einträge im Feld "DNS-Service" zu ändern. Und nein, Frau Malmström, sperren kann man diese Felder nicht.
Staatssanwaltschaft Wien: Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren
Rechtstitel bestand in Österreich zwar keiner, Amtshilfe wurde für die Staatsanwaltschaft München trotzdem geleistet - auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien wurden zwei österreichische Journalisten, die für ein österreichisches Medium [profil] arbeiten als "Beschuldigte" zur Einvernahme in das Landeskriminalamt Wien bestellt. Bloßes Zitieren aus den Gerichtsakten eines laufenden Verfahrens ist in Österreich legal und stellt keinen Straftatbestand wie in Deutschland da. Da Ähnliches aus gleichem Anlass drei weiteren österreichischen Journalisten [News, Wirtschaftsblatt] widerfuhr, drängt sich schon der Verdacht auf, dass es sich dabei weniger um juristische Inkompetenz, sondern vielmehr um Methode handelt. Dieselbe Staatsanwaltschaft Wien ist nämlich zeitgleich durch einen eigenwilligen Umgang mit dem Terrorismusparagrafen aufgefallen, wegen zweier Mistkübelbrände wurde über vier Studierende eine mehrwöchige Untersuchungshaft verhängt. Die solchem Ungeist eng verwandte Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wendet den genannten Paragrafen 278a ("Terroristische Vereinigung") hingegen vorzüglich auf Tierschutzaktivisten an. Was die Verfolgung von Journalisten angeht, so hat es den Niederösterreichern weniger der Printbereich, als vielmehr Video angetan. Gegen einen TV-Dokumentaristen [ORF] und zwei Skinheads wird gleichermaßen wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung ermittelt, Anlaß dafür: Ein Zuruf von Heinz Christian Strache [FPÖ]. Die Staatsanwaltschaft reagierte prompt und ordnete die Beschlagnahme des gesamten Drehmaterials an.