Big Brother Awards Austria 2002 - Die Gewinner
- KATEGORIE BUSINESS und FINANZEN
Auszug aus dem Vertragstext der UNIQA für ihre Krankenzusatzversicherung "Gesundheit&Wertvoll" unter dem Titel "Zustimmung zur Ermittlung, Übermittlung und sonstigen Verwendung von Daten." Die garstige Pointe findet sich ganz unten:
"Der Antragsteller und die zu versichernden Personen stimmen ausdrücklich zu, dass der Versicherer zur Beurteilung, ob und zu welchen Bedingungen ein Versicherungsvertrag geschlossen, geändert oder fortgesetzt wird sowie zur Beurteilung und Erfüllung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag über frühere, bestehende und bis zum Ende des Versicherungsschutzes eintretende Krankheiten, Unfallfolgen und Gebrechen sowie über beantragte, bestehende oder beendete Personenversicherungen bei Dritten (Ärzten, Krankenanstalten, sonstigen Einrichtungen der Krankenversorgung oder Gesundheitsvorsorge, Sozialversicherungsträgern, Versicherungsunternehmen, sonstigen Versicherungseinrichtungen, Behörden usw. alle dafür erforderlich erachteten Erkundigungen einzieht und diese Daten an den Versicherer übermittelt werden; sie entbinden den Befragten im Voraus für jeden Fall von der ärztlichen und sonstigen beruflichen Schweigepflicht."
Egal unter welchen Umständen und welchen Krankheiten hat man also für alle Zukunft sämtliches medizinisches Personal von seiner Schweigepflicht gegenüber der UNIQA entbunden.
30 Oct 2002 In einer vom Webstandard kolportierten APA-Meldung nimmt die UNIQA zum Big Brother Award Stellung: "Kein Datenmissbrauch, sondern Schutz der Versicherungsgemeinschaft". [PDF]
03 Nov 2002 Jurymitglied Hans G. Zeger von der ARGE DATEN antwortet dem Vorstand der UNIQA Versicherungen AG. [PDF / 25 KB].
- KATEGORIE POLITIK
"Zugleich überwacht das System auch die technische Sicherheit zum Beispiel der Aufzüge und Rolltreppen", sagte Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider (SPÖ) als Verkehrsreferent zuständig für das System. Die Mini-U-Bahn in der oberösterreichischen Provinzmetropole Linz geht frühestens 2004 in Betrieb, das Überwachungssystem wurde hingegen jetzt schon ausgewählt und öffentlich abgefeiert. Mit Videokameras und Mikrofonen vollständig überwacht werden die Haltestellen sowie die unterirdischen Bereiche des neuen Hauptbahnhofs und die damit verbundenen Unterführungen. Die Überwachung basiert auf einem Konzept, das die ÖBB bereits im Großraum Wien einsetzt. Das System stützt sich auf ein computergesteuertes Programm, das automatisch auf außergewöhnliche Bewegungen und ungewöhnliche Schallfrequenzen reagiert. Betrieben werden soll das System von ÖBB und Linz-Linien in Zusammenarbeit mit der Polizei.
- KATEGORIE BEHÖRDEN und VERWALTUNG
- Wer zu Innsbruck Antrag auf Sozialhilfe stellt, der lasse alle Hoffnung auf
ein Privatleben fahren. Nach vier Seiten detaillierter Fragen zu
Familienstand, 'Begründung der Notlage', Einkommen und Vermögenswerten
gestellt. Das ist ebenso üblich, wie umfangreiche Zustimmungserklärungen
für Datenermittlungen.
Nicht üblich sondern ungesetzlich ist, wenn diese Stellen werden nicht, wie es im Gesetz vorgesehen ist, abschließend aufgezählt, sondern bloß allgemein umschrieben, wer aller Auskünfte über den Sozialhilfe-Antragsteller kriegt. '[...] bei den jeweils zuständigen Stellen und Personen (Behörden, Ämtern, Banken und Kreditunternehmen, Organisationen, Instituten, karitativen Vereinen, Krankenanstalten, Ärzten, Dienstgebern und sonstigen Personen) eingeholt werden können.'
Das heisst, die Innsbrucker Stadtverwaltung wird damit ermächtigt, ohne weiteren Erklärungen diese intimen Daten der Sozialhilfeempfänger praktisch von allen beliebigen Stellen ermitteln und sammeln zu können. Ressortmäßig zuständig für Jugendwohlfahrt, Soziales und damit für diese totale Entmündigung der Ärmsten ist der zweite Innsbrucker Vizebürgermeister Dipl.-Ing. Eugen Sprenger (2. Vizebürgermeister)
29 Oct 2002 Im Auftrag von VBM DI Eugen Sprenger übermittelt Mag. Peter Prock eine Gegendarstellung.
01 Nov 2002 Jurymitglied Hans G. Zeger von der ARGE DATEN antwortet auf das Schreiben aus Innsbruck. [PDF / 29 KB].
- KATEGORIE KOMMUNIKATION
Das Landesgendarmeriekommando Kärtnen hatte es im Zuge der Ermittlungen in einer Einbruchsserie begehrt und Ratskammer Klagenfurt hatte dem Begehren ohne viel Umstände nachgegeben. Auf Order von drei namentlich unbekannten Richtern wurden alle vier Handynetzbetreiber verpflichtet, sämtliche Verbindungsdaten verschiedener Funkzellen in Kärnten über einen Zeitraum von mehreren Tagen abzuliefern. Zigtausende Datensätze unbescholtener Bürger wurden übermittelt und von den Behörden auf verdächtiges Bewegungs- und Kommunikationsverhalten analysiert. All das, weil ein halbes Jahr davor am Tatort eines Einbruchs ein Wertkartenhandy zurückgeblieben war.
- KATEGORIE LIFETIME ACHIEVEMENT
Laut Erlass 38.000/11/Z/3-2001 ist der umfassende Einsatz von Chipkarten/Biometrie in den Alltag - Bibliothek, Labor- und Sportstättennutzung - an Österreichs Schulen geplant. Nicht nur bei bestehenden Schülern/Studenten wird die Sozialversicherungsnummer erhoben, sondern auch nachträglich bei Absolventen. Letzteres ist nicht einmal durch das Bildungsevidenzgesetz gedeckt. Mit dem sogenannten Bildungsdokumentationsgesetzwird neben den Stammdaten auch ein Wust von persönlichen Daten der Schüler erhoben und verarbeitet. Religionsbekenntnis, "festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf", "Eigenschaft als ordentlicher oder außerordentlicher Schüler", Teilnahme an Unterrichts- und Betreuungsangeboten, Schulerfolg, die Schul- bzw. Unterrichtsorganisation, Bildungsverlauf, Inanspruchnahme von Transferleistungen aus dem Familienlastenausgleich usw. All das mit unbestimmtem Löschdatum. In dieser Benimm- und Betragensdatenbank des Grauens wird auf immerdar gespeichert, was bis jetzt der Gnade des Vergessenwerdens anheimgefallen ist: von den Dummheiten der Schulzeit bis zu intimen persönlichen Daten. Verantwortlich dafür zeichnet Frau Bundesminister Elisabeth Gehrer.
- KATEGORIE PUBLIC CHOICE
Innenminister Ernst Strasser wurde vom Publikum am öftesten genannt.
Ganz allgemein sei nochmal auf den Aussschreibungstext der Awards hingewiesen, der nicht unbedingt Rechtsverletzungen im straf- oder zivilrechtlichen Sinn, sondern das demokratische Gefährdungspotential an den Grundrechten als Kriterium nennt.