Das Schweigen der Lemminge
Wer schweigt, scheint zuzustimmen – ein Prinzip, das sich Politiker, insbesondere Populisten, gerne zu eigen machen, wenn sie uns Maßnahmen verkaufen wollen, und uns – dem Wahlvolk – glauben machen wollen, all dies geschehe in unserem vollen Einverständnis. Willfährige Institute liefern dazu – entsprechend aufbereitet – Meinungsbilder der Öffentlichkeit, wohl wissend, dass veröffentlichte Meinung und öffentliche Meinung schon lange nicht mehr deckungsgleich sind.
Seit Jahr und Tag unterstellen uns nicht nur politische Akteure stillschweigendes Einvernehmen, welches sie als fingierte Willenserklärung werten. Aufgrund des durchschlagenden Erfolges sind Verschweigen und Zwangsbeglücken zu beliebten Methoden des Digitalzeitalters geworden, um wirtschaftliche Konzerninteressen durchzusetzen. Unser Schweigen, der fehlende Widerspruch, wird als Zustimmung gewertet – getreu dem Motto "Qui tacet, consentire videtur". Auch wenn die EU-Datenschutz-Grundverordnung "Datenminimierung" einfordert, werden Produkte zumeist unter dem Gesichtspunkt entwickelt, möglichst einfach und möglichst immer an unsere Daten zu kommen. Statt auf lokale Intelligenz der Programme und lokale Datenspeicherung zu setzen, wird alles und immer in der Wolke des weltweiten Netzes gespeichert, gerechnet und analysiert.
Die schrittweisen Novellen der Datenschutzgesetze zeigen, wie dank des Einflusses der Profiteure der digitalen Revolution immer weiter Datengenerierung, Datenweitergabe und Datenauswertung ermöglicht wurden. Aus einem strikten Verbot, dass nur mit einer expliziten Zustimmung der "Objekte" dieser Datensammelwut mit dem Erfassen und Speichern begonnen werden durfte, wurde ein "Lasst euch nicht erwischen!". Lasst die Firmen fleißig Informationen sammeln, kombinieren und auswerten solange das Generieren der Daten nicht bemerkt wird und in der Folge diesem Handeln nicht aktiv widersprochen wird. So wurde aus dem verpflichtenden "Opt-In" ein sich versteckendes "Opt-Out".
Verantwortung übernehmen
Obwohl Phil Zimmermann bereits 1999 warnt:
"If privacy is outlawed, only outlaws will have privacy." [1] wird immer noch versucht uns glauben zu machen, dass die Aufgabe der Privatsphäre nur dem persönlichen Schutz dienen würde, und Informationen und Daten nicht missbraucht werden. Wer unschuldig ist, soll auf seine Rechte verzichten, denn nur Verbrecher hätten etwas zu verbergen. Hier kommt es zu einer Beweisumkehr, denn nur der Schuldige scheint noch auf seine Rechte zu beharren und wer immer auf die Einhaltung seines Rechtes beharrt, erscheint schuldig.
Das Recht auf Privatsphäre wird zu einem Gut, das man aktiv verteidigen muss. Wenn der Staat versagt ist ein privater Privacy Shield nötig, mit dem neugierige Blicke und digitale Daten-Schnüffelei verhindert werden sollen. Auf Schritt und Tritt wird unser Leben beobachtet, analysiert und interpretiert. Halten wir uns an die Empfehlung des FBI-Direktor James Comey: "So I think people ought to take responsibility for their own safety and security." [2]
Kinder haften für ihre Eltern
Wer kennt sie nicht, die stolzen Eltern, Tanten und Großeltern, die immer und überall Bilder ihrer Schützlinge herzeigen müssen. Was früher nur peinlich war, hat heute leider Konsequenzen für das gesamte Leben. Schon viele Jahre ist bekannt, dass das Internet nicht vergisst und jeder zur Selbstzensur genötigt ist und daher penibel beachten muss, was dauerhaft im Netz landet. Schlimm, wenn allerdings die Erziehungsberechtigen ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommen, und auf der Jagd nach Likes und völlig belanglosen Friends in Sozialen Netzwerken Hoppalas, Missgeschicke und Meuchelfotos ihrer Schutzbefohlenen ungeniert im Netz (ver)teilen und veröffentlichen. Leider sind es die Kinder, die die Konsequenzen dieser unbedachten Prahlerei zu tragen haben.
Das Schweigen der Lemminge
Im Oscar prämierten dokumentarischen Naturfilm "White Wilderness" aus der Disney-Werkstatt erlangt die Legende der kollektiv suizidalen Lemminge weltweite Bekanntheit. Obwohl der Journalist Brian Vallee bereits 1983 die lebensmüden Lemminge als Mythos, das von der Traumfabrik publikumswirksam ins Bild gesetzt wurde, entlarvt hat, hält sich die falsche Theorie hartnäckig.
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