In diesem Jahr wurden in der Kategorie "Kommunikation und Marketing" nominiert:

Wie jedes Jahr haben alle Nominierten die Möglichkeit, sich mit Kommentaren an info@bigbrotherawards.at zu wenden. Wir veröffentlichen dann die Reaktionen unter der jeweiligen Nominierung.

Verkehrsclub Österreichs: Totalüberwachung von PKW Bewegungen

"Ein großer Vorteil von elektronischen Vignetten ist die gute Kontrollierbarkeit" heißt es im Plädoyer des Verkehrsclub Österreichs für eine Umstellung des Autobhanpickerls auf ein elektronisches System. Das sei sozial gerechter, ermögliche "flexible und faire Tarife", zudem müsse eine elektronische Vignette nicht jährlich getauscht werden, was Kosten einspare. Kurzum: Es handle sich um ein "intelligentes System, das Daten liefert, die für die Verkehrsleitung wichtig sind". Das ist genau alles, was dem VCÖ in diesem Zusammenhang zu Daten einfällt. Dass damit ein riesiges Datenbanksystem zur Erfassung sämtlicher Bewegungen österreichischer Staatsbürger auf den Autobahnen gemeint ist, bleibt im VCÖ-Lobgesang auf die elektronische Vignette völlig unerwähnt. Der Begriff "Datenschutz" kommt im einschlägigen "Factsheet" überhaupt nicht vor.

UPC Österreich: Eingeräumte Auskunftsrechte

Der Kabel-TV- und Internetbetreiber UPC änderte einseitig seine AGB. Mit drei neuen Bestimmungen [Paragraf 19.6 bis 19.8] räumt sich der Provider mehr Rechte beim Umgang mit den Kundendaten ein. "Stamm-, Verkehrs- und sonstige personenbezogenen Daten" können zum "Zweck der Bereitstellung von Diensten mit Zusatznutzen" oder für "Durchführung von Meinungsumfragen" verwendet werden. Ebenso "für Bonitätsauskünfte an gesetzlich dazu befugte Kreditschutzverbände, Kreditinstitute und Auskunfteien." Das könnte nur der Anfang von einseitigen Änderungen sein, denn mit dem Paragraf 5.2 räumt sich die UPC die Möglichkeit für weitere Vertragsänderungen in Zukunft ein. Die werden einen Monat vor Inkrafttreten dem Nutzer zugesandt und gelten automatisch als angenommen, wenn innerhalb dieses Monats nicht widersprochen wird. Im erstinstanzlichen Urteil des Handelsgerichtes Wien wurden 22 von 24 Klauseln der neuen AGB als gesetzwidrig angesehen.

Jürgen Menedetter, GF GIS: [' OR '1' = '1]

An sich war es ja eine gute Idee der GIS, die Finger von Webanwendungen und ihre Kundendatenbank gänzlich vom Netz getrennt zu lassen. Ebenso gut war es, das für Neuanmeldungen oder Wohnsitzwechsel notwendige Webformular von einem externen Dienstleister hosten lassen, dessen "Kernkompetenz" nach eigenen Angaben "in der Umsetzung von webbasierten Anwendungen" liegt. Viel weniger gut war es, diese Behauptung nicht zu überprüfen, denn schon ein oberflächliches Sicherheits-Audit hätte sofort zu Tage gebracht, dass durch die Eingabe von "[' OR '1' = '1]" in ein beliebiges Datenfeld der Eintipper zum Administrator wird. Zu allem Überfluss hatte der kernkompetente Webdienstleister die täglich anfallenden Datensätze nach verschlüsselter Übermittlung an die GIS nicht etwa gelöscht. Vielmehr wurden sie in einer Schattendatenbank gesammelt, die vier Jahre lang völlig ungesichert im Netz stand. Die Klimax der Inkompetenz war dann das Krisenmanagement der GIS. Zu einem Zeitpunkt, als ganz Österreich schon wusste, dass 200.000 Kundendatensätze samt Kontodaten abhanden gekommen waren, verkündete die GIS immer noch, dass eh nur wenige Tausend Kunden betroffen seien. Auch hier bleibt den Betroffenen nur das Prinzip Hoffnung, dass die Anonymous-Hacker die einzigen Finder waren und der gesamte Datensatz nicht längst in Händen von Identitätsbetrügern ist.

Wolfgang Fellner: Opa des Inzest-Journalismus

Wenn es auf dem Boulevard so richtig grindig abgeht, weil die Kleinformate um den dreckigsten Aufmacher raufen, dann wird kein Richter mehr gebraucht, um Urteile zu fällen. Dann schlägt die Stunde der Absolventen der Wolfgang-Fellner-Schule, denn die sind es gewohnt, tief in den Kübel hineinzugreifen. Ein 80-jähriger Oberösterreicher, der durch die Aussagen seiner beiden [geistig behinderten] Töchter kurzfristig in Untersuchungshaft gekommen war, wurde vom Boulevard aus dem Stand verurteilt und medial hingerichtet. "Das ist der Inzest-Opa" titelte das Fellnerblatt, dessen Name allein schon eine Zumutung für alle Österreicher ist. Daneben war nicht nur das Foto des Hingerichteten, es wurde auch in die privaten Räumlichkeiten angeblicher Opfer fotografiert. "Ein einziger Müllhaufen" lautete eine Bildunterschrift, die ebenso gut unter ein Foto aus einer "Österreich"-Redaktionssitzung gepasst hätte. Der Verdacht gegen den 80-Jährigen hatte sich bald danach in Luft aufgelöst, sämtliche "Inzest-Opa" Stories wurden aus dem Onlinearchiv des Fellnerblatts purgiert.