Die Nominees f�r die Big Brother Awards 2000
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Die in den letzten
Tagen und Wochen [Y2K] aufgeflogenen Spitzelaff�ren rund um das Innenministerium haben
ihre Spuren unter den Nominierten hinterlassen. Das Best�rzende aber ist, dass die
Liste noch weit l�nger geworden w�re, h�tten wir sie nicht auf ein ertr�gliches Ma�
gek�rzt. Insgesamt sind an die 200 Vorschl�ge eingetroffen.
1. amazon.AT [amazon.com, amazon.de]
F�r die vorauseilende Dekonstruktion der Privatsph�re durch das Implementieren
eines neuen Privacy-"Statements", das man erst lesen kann, wenn man ihm bereits
zugestimmt hat, und das viele der diesbez�gliche Datenschutz-Gesetze der jeweiligen
L�nder dadurch bricht, da� die Kaufvertr�ge zwar im Land geschlossen werde, die
Userdaten aber au�er Landes verbracht werden.
2. American Express
Das Kreditkartenunternehmen versuchte, durch eine einseitige �nderung der
Gesch�ftsbedingungen das Recht zu erlangen, alle Daten ihrer Kunden innerhalb des
Konzerns weltweit nach Belieben austauschen zu d�rfen. Eine derartige Bestimmung
ist in �sterreich datenschutzwidrig und ung�ltig [siehe auch OGH-Urteil "Friends
of Merkur"]
3. SkiData AG, Gartenau
Weil SkiData und Eye Ticket eine 'Kooperation f�r revolution�re Zugangskontrolle'
eingerichtet haben: "Erstmalig ersetzt die Iris des menschlichen Auges ein Zutrittsticket
bei Massenzugang: Akkreditierung im 'Deutschen Haus Sydney 2000' via Iris-Erkennung".
Seit einiger Zeit tritt diese �sterreichische Firma mit dem sportlichen Namen als
Protagonist der menschenfeindlichen Technik Biometrie auf. Erkl�rtes Firmenziel ist der
Einsatz von Iris-Kontrolle auf Flugh�fen. Nicht zuf�llig ist die Skidata in Malysia,
jenem Land, das voll auf biometrische Sozialkontrolle setzt, mit einer eigenen
Niederlassung vertreten.
4. SATURN, 1070 Wien
Weil man "durch Eingabe des PIN-Codes" und "Best�tigung durch die Okay-Taste" beim
Bezahlen mit der Bankomatkarte der "unwiderruflichen" Erm�chtigung zur Weitergabe
pers�nlicher Daten zustimmt. Davon aber nicht so leicht erf�hrt, weil diese Zustimmung
klein gedruckt und nur auf der R�ckseite des Kassabons steht. Das Datenschutzgesetz
kennt �brigen keine "unwiderrufliche" Zustimmung zur Weitergabe von Daten.
1. SP�-Graz
f�r die Aktion - Wir brauchen deine Hilfe, es geht um den Kreis der "SP� Sympathisanten"
- im Volksmund auch genannt "bespitzele deinen Nachbarn." Die Grazer SP verschickte
Ausz�ge aus dem W�hlerverzeichnis an 1000 Vertrauenspersonen, mit der Aufforderung, hinter
den Namen und der Adresse des Nachbarn oder Bekannten dessen politische Pr�ferenz zu
verzeichnen: ein S bei potenziellen SP-W�hlern; ein A bei denen, die bei einem der letzten
drei Wahlg�nge eine andere Partei gew�hlt haben.
2. Innenminister Ernst Strasser
Den im Innenministerium offenbar unvermeidlichen Handel mit Daten auf eine legale Basis
stellen wollen, ist zwar angesichts der langj�hrigen Skandalpraxis nur zu verst�ndlich.
Dass �berpr�fungen durch die Staatspolizei Unternehmen als Dienstleistung angeboten
werden soll, ist nichts desto weniger besonders hervor zu heben. Es folgt einem gef�hrlichen
Trend, der aus dem anglophonen Raum auf Europa �berzugreifen dorht: die wechselweise
Durchdringung von Polizei, Nachrichtendiensten und Industrie.
3.
Peter Westenthaler und Andreas
Khol
F�r die l�ckenlose �berwachung von �ffentlich-rechtlichen TV-Programmen auf
abweichende Berichterstattung, Versuche Journalisten einzusch�chtern und ihnen
Themen vorzuschreiben und f�r Erstellung von Dossiers �ber missliebige Berichterstattung
in den Medien. Besonders im Falle Westenthaler ist nach Ansicht der Jury der
Begriff "Meinungsterror" angebracht.
4.
AUF (Aktion Unabh�ngiger und
Freiheitlicher), Michael Krei�l
Diese
schlagkr�ftige Polizeigewerkschaft wurde unter anderem dadurch bekannt, dass sie
Polizeikritiker mit angedrohten Verleumdungsklagen und
Prozessen wegen Kreditsch�digung einzusch�chtern versuchte. Dass die AUF Polizisten
sch�tzt, die beschuldigt sind, Menschen misshandelt zu haben passt ebenso ins Bild
wie der Umstand, dass bei so gut wie allen Datenklau- und Bespitzelungsaff�ren Beamte
aus dem AUF-Umfeld verwickelt waren und sind. Ihr ehemaliger Chef Josef Kleindienst
beschreibt ganz freim�tig, wie sich die AUF f�r politische Zwecke am Datenbestand des
Innenministeriums vergriffen hat, um politische Kritiker einzusch�chterm. Die AUF
verk�rpert den grundrechtlichen Supergau: Menschen, die als Personalvertreter
unk�ndbar sind, machen Politik mit jenen Daten, die der Staat sammelt.
1.
�sterreichische Justizbeh�rden
Potentielle Anw�rter
f�r das Richteramt werden Psychologietests unterzogen, in denen
Fragen wie "Wundern Sie sich manchmal �ber die Bedeutung von Links und Rechts? Wachen
Sie manchmal schwei�gebadet in der Nacht auf? W�ren Sie lieber F�rster oder Offizier?"
gestellt werden. Derartige Fragen, die tats�chlich nichts mit der Qualifikation eines
Bewerbers zu tun haben, wurden in Deutschland bei den Psychologietests f�r
Richteramtsanw�rter als zu starker Eingriff in die Privatsph�re bereits verboten. Die
Psychologietests greifen nicht nur in unzul�ssiger Weise in den Intimbereich der
Bewerber ein (zB Fragen, nach dem Wunschgeschlecht), sie werden auch erwiesenerma�en
dazu verwendet, fachlich qualifizierte Bewerber ohne Protektion auszuscheiden, um
fachlich weniger qualifizierte, daf�r aber protektionierte Bewerber aufzunehmen.
2. Die vermummten Beamten des Kommissariats Ottakring
Diese mit Strumpfmasken bekleideten Polizisten verfolgten bei der Opernballdemonstration
im Fr�hjahr 2000 mit gezogenen Waffen Demonstranten. Im April hat einer dieser Beamten
einen Mann erschossen, weil "sich pl�tzlich ein Schuss l�ste". Das sind Methoden, die
geeignet sind, in einem Polizeistaat Angst und Schrecken zu verbreiten, in einem
europ�ischen Rechtsstaat des 21. Jahrhunderts sind sie untragbar.
3. Professor Johann Szilvassy
Laut eigenen Angaben hat der Anthropologe, der auch gern in der AULA �ber "Bev�lkerungshygiene"
schreibt und "vom Aussterben der Blonden" warnt, rund 30.000 Menschen biometrisch vermessen.
Schon im Dritten Reich wurden vor allem Juden f�r das Reichssippenamt vermessen, um die
Minderwertigkeit ihrer Rasse zu beweisen. Johann Szilvassy verma� im Auftrag der Justiz
Schamhaare, Achselhaare, Sch�delknochen und viele andere K�rperteile, um R�ckschl�sse auf das
Alter von Personen meist ausl�ndischer Herkunft zu ziehen.
4.
'Helmi' - der anonyme Polizeispitzel
'Helmi', selbst wegen Drogendelikten vorbestraft, ist unter der Obhut der Polizei
und sagt in den Verfahren gegen Drogendealer immer, was die Polizei gerade h�ren
will, weil er als verdeckter Polizeispitzel gearbeitet hat. 'Helmi' hat es geschafft,
dass sich Rechtsgelehrte, Ministeriumsbeamte und sogar die drei Weisen ernste
Gedanken �ber die Grundrechte in �sterreichischen Strafverfahren machen. Niemand
kennt ihn, da er vor Gericht nur mit Sturzhelm oder Strumpfmaske auftritt. Richter
vertrauen ihm und haben - zumindest in einem Fall - nur auf Grund seiner
Aussagen einen Mann zu f�nf Jahren Haft verurteilt. 'Helmi' wird demn�chst den
europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte besch�ftigen.
1.
Chello
Entgegen den handels�blichen Gesch�ftsgebarungen der Telekommunikationsdienste
stellt die Telekabel GmbH, unter Berufung auf das Telekommunikationsgesetz, pers�nliche
Daten jener Gruppe der 50-60.000 Chello-Benutzer, die eine eigene Website haben, mit
e-Mail und Internet-Adresse ins eigene �ffentlich zug�ngliche Mitgliederverzeichnis
(http://members.chello.at). Automatisch und ohne Widerrufsrecht. Zur Zeit sind davon
nach Angaben von Chello rund 13.000 Teilnehmer betroffen.
Selbst nach mehrmaligen Aufforderungen seitens der Chello-Benutzer/innen, direkt
an den Helpdesk, gab es bisher keine �nderungen zugunsten der Endverbraucher im
Sinne des Konsumentenschutzgesetzes. Nach Meinung von Datenschutz-Experten ist diese
Praxis auch in Kollision mit dem Widerspruchsrecht des DSG 2000.
Reaktion:
Stellungnahme von chello broadband GmbH und UPC Telekabel
[Presseinformation als Word-Dokument] (381 KB)
2.
jet2web alias Highway 194 alias AON
Weil diese Telekom-Tochter grunds�tzlich sehr �hnliche Praktiken verfolgt, egal
ob sie gerade Highway 194, AON, oder Jet2Web hie�. Durch offensichtlich schlampige
Programmierung waren zigtausende Datens�tze aus der Kunden-Datenbank komplett
absaugbar.
3.
A1, max,
ONE, tele.ring
Die ausufernden Bonit�tspr�fungen f�r Gesch�ftsbedingungen, die sie zur Einholung
von Bonit�tsausk�nften erm�chtigen. Sie bedienen sich dabei auch der UKV-Liste
des KSV von 1870, die rechtm��igerweise h�chstens Banken zug�nglich
ist. Die Gesch�ftsbedingungen selbst sind oft so unklar, da� es dem Betroffenen
nicht m�glich ist, nachzuvollziehen, an wen seine Daten weitergegeben werden,
bzw. welche Daten wo erhoben werden.
4.
Die Arbeitsgruppe SEC LI
[Lawful Interception] des ETSI
[European Telecom Standards Institute]
In
dieser Arbeitsgruppe befasst man sich mit dem Design von Abh�rschnittsstellen
f�r alle digitalen Netzwerke ISDN, GSM bis hin zu UMTS. Techniker der �sterreichischen
Siemens-Tochter PSE und anderer Firmen aus dme Telekom-Bereich wie Nokia, Ericsson,
Alcatel, Nortel-Dasa, Comverse, Britische und Deutsche Telekom sitzen dort nicht
nur mit Polizei, sondern Geheimdienst-Verbindungsleute vor allem aus England,
Deutschland, und Holland, sowie Firmen aus Israel, die ganz offen als Ausr�ster
von Geheimdiensten auftreten. Diese saubere Gesellschaft legt die technische Infrastruktur
aller k�nftigen digitalen Telefonzentralen in ganz Europa fest. Im Moment besch�ftigt
sich die Arbeitsgruppe SEC LI mit der Integration des Internet-Protokolls
in ihre �berwachungsdesigns.
1.
Neue Kronen-Zeitung
Die Redaktion der Neuen Kronen Zeitung, wegen nimmerm�den
Eintretens f�r autorit�re F�hrung, Lauschangriff und �berwachung, besonders sofern
ausl�ndische Mitb�rger betroffen sind. Die Funktion als Cheerleader f�r alle Initiativen,
die Richtung Polizeistaat gehen, hat die so genannte 'Krone' auch nach dem Regierungswechsel
nicht aufgegeben.
2.
Michael Sika
Unter Karl
Schl�gl gelang es Michael Sika, die rot-schwarze Regierung davon zu
�berzeugen, dass �sterreich vom organisierten Verbrechen �bernommen wird, weshalb
Rasterfahndung und Lauschangriff eingef�hrt wurden. Sika hat sich ein Weltbild
zusammengebastelt, in dem dunkle kriminelle M�chte den Staat eigentlich schon
in ihren Klauen haben. Die Politik �bernahm das bereitwillig, obwohl das mit der
Realit�t nicht mehr viel zu tun hatte und die Grundrechte unter die R�der gerieten.
[Begr�ndung Hans Rauscher im DerStandard]
3.
Dieter B�hmdorfer
F�r ein
Leben, das im Zeichen der Bem�hungen steht, die Rechtssprechung
als Gro�en Bruder gegen Kritik und freie Meinungs�u�erung zu mobilisieren. Als
B�hmdorfer Justizminister wurde hielt er den Wunsch J�rg Haiders, Oppositionelle
Meinungs�u�erungen mit dem Strafrecht zu verfolgen, sogleich f�r "verfolgenswert".
Wenig sp�ter vermeldete er einer Tageszeitung pers�nlich, dass gegen den Aktionsk�nstler
Schlingensief ermittelt werde.
Der hatte "Meine Ehre heisst Treue" plakatiert und damit nur einen anderen FP�-Politiker
w�rtlich zitiert. Angezeigt wurde von B�hmdorfer nicht der Parteikollege, sondern
der K�nstler.
Erst unl�ngst klagte seine ehemalige Kanzlei "B�hmdorfer Ghenneff" einen Leserbriefschreiber,
der das Wort "Scheissregierung" verwendet hatte. B�hmdorfer f�hlte sich "betroffen
und beleidigt". Einer Journalistin, die es wagte �ber B�hmdorfer zu recherchieren,
hetzte er die Staatspolizei auf den Hals, weil er sich durch "dunkle Gestalten"
bedroht f�hle.
4.
Das Heeresnachrichtenamt
Wird auch heuer wieder genannt, aus bekannten und mithin schon traditionellen
Gr�nden: Wenn in diesem Staat ein Moloch existiert, der an allen Kommunikationskan�len
zapft und saugt und �berwacht, dann ist es diese Institution, die so gut wie
nie im Licht der �ffentlichkeit steht.
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